Search, plus Your World aus touristischer Sicht

Die Änderungen des neuen Google Algorithmus fasst Amit Singhal von Google treffend wie folgt zusammen: „Wir verwandeln Google in eine Suchmaschine, die nicht nur Inhalte versteht, sondern auch Menschen und Beziehungen“ Quelle
SearchEngineLand spricht gar von: „Google’s search results are undergoing their most radical transformation ever“. Auch wenn das Angebot vorerst nur in englischer Sprache und in eingeloggtem Zustand abrufbar ist, ergeben sich für den Tourismus wieder einmal Änderungen – auch wenn vieles davon vorhersehbar war.

What’s new?
In Zukunft werden potenzielle Gäste die Möglichkeit haben, zwischen öffentlichen Suchergebnissen (bei denen Google die Relevanz des Suchbegriffs festlegt) und privaten Ergebnissen (bei denen Fotos, Bewertungen, etc. von Freunden die Relevanz bestimmen) mit einem Klick zu ändern. Eine weitere Kernfunktion des neuen Algorithmus ist das Einblenden von Meinungsführern, die zu einem bestimmten Thema diskutieren. Als letzte, aber weniger für den Tourismus wichtige Funktion wird auch die Suche nach Personen durch das eigene Netzwerk gefiltert. Im Google Blog findet sich eine ausführliche Beschreibung der Änderungen.

Die Google Suche selbst wird zum Social Network
Grundsätzlich bedeutet dies für die Suchmaschinenoptimierung im Tourismus, dass das alte SEO Paradigma jetzt endgültig ad acta gelegt werden muss. Wer jetzt noch meint, mit klassischer Suchmaschinenoptimierung (im Sinne von Keywordoptimierung, etc.) weiter machen zu können, dem sei gesagt: NEIN, im Tourismus wird dies nicht mehr funktionieren! Denn spätestens jetzt wird alles, was im Netz geteilt wird relevant. Das Denken in Netzwerken ist SEO. Der Aufbau einer funktionierenden Community, die über ein Hotel oder eine Destination berichtet, ist SEO.

Wer teilt, der zahlt…noch
Wenn man aber will, dass Inhalte über ein Hotel oder eine Destination im Netz geteilt werden, dann muss man auch die entsprechende Infrastruktur dazu schaffen. Basis dafür ist ein flächendeckendes W-Lan, denn Roaming Gebühren sind das radikale Hemmnis beim Teilen von Inhalten vor Ort. London plant aktuell, diesen Schritt zu gehen. Dort hat man offensichtlich das Potenzial von „Online-Gästen“ erkannt. In anderen Städten und Regionen sieht es hingegen bisher mau aus. Für Hotels ist ein kostenloses W-Lan mit der Google-Änderung nicht nur Kür, sondern Pflicht! Nicht zuletzt, weil die Umsetzung denkbar einfacherer ist. Wer als Hotelier also jetzt noch darauf beharrt, eine Gebühr für Internet zu erheben, den könnte man genauso gut fragen, was der Liter Leitungswasser kostet. Denn jeder Gast, der über seinen Urlaub oder ein Hotel berichtet betreibt durch den neuen Google Algorithmus damit Marketing für die Destination oder das Hotel.

Teilen leicht gemacht!
Um Inhalte leicht teilen zu können, kann Near Field Communication (NFC) als „enabler“ Technologie dienen. Bisher müssen Gäste, um Bewertungen abgeben zu können, erst das entsprechende Profil bei HolidayCheck oder in den Google Places recherchieren. Auch in diesem Bereich investiert Google in die Verbreitung von NFC Tags (Stichwort Outernet). Damit können Restaurants, Hotels, etc. einfach durch das „wischen“ über den NFC Tag (ähnlich wie bei QR-Codes) aufgerufen und Fotos und Bewertungen leicht geteilt werden.

Service ist das Gebot der Stunde (und darüber hinaus)!
Damit die geteilten Inhalte aber auch positiv sind, muss der Service stimmen. Was für Hotels selbstverständlich ist bzw. sein sollte, ist bei den Destinationen noch nicht ganz angekommen. Die Erreichbarkeit eines Mitarbeiters im Hotel ist in der Regel rund um die Uhr Garantiert. Die Touristeninformation schließt jedoch – wenn’s gut läuft – um 18 Uhr. Der Gast hat aber auch nach den Schließzeiten Fragen – meist häufiger als im Hotel. Diese sollten auch virtuell beantwortet werden können. Der kleine Ort Bad Hindelang macht hier mit einer digitalen Gästeinformation, die auch außerhalb von Schließzeiten erreichbar ist, eine Ausnahme. Auch hier kann NFC helfen, um ein besseres Erlebnis für den Gast zu schaffen. Denn  neben bargeldlosem Ticketing und Bezahlsystemen wird dadurch auch das Aufrufen von weiterführenden Informationen zu touristischen Stätten vereinfacht. Frankreich investiert in diese Technologie derzeit übrigens massiv. Der Servicegedanke sollte in Zukunft für Destinationen in allen Bereichen zur Regel werden. Denn im Endeffekt bestimmt die Meinung der Gäste die Marke der Destination.

Wer sind die Meinungsführer?
Neben dem Servicegedanken steigt das Web-Monitoring auf eine neue Stufe. Dadurch, dass Google in der rechten Spalte Meinungsführer zu bestimmten Themen anzeigt, werden diese für Destinationen und Hotels deutlich wichtiger. Neben dem Pro-Aktiven Umgang mit Bewertungen, sollten also auch die Social Media Affinität der eigenen Gäste bekannt sein. Nur dann kann man entsprechend auf die Gäste zugehen. Der Impact des jeweiligen Gastes kann dabei auch mit dem „Social Ranking Tool“ Klout abgelesen werden.

Und Intermediäre?
Die spielen eine immer untergeordnetere Rolle. Eine der Kernkompetenzen der Reisemittler war es bisher, Inhalte neu zusammen zu stellen und auffindbar zu machen. Google geht jetzt weiter: Beim Suchen nach „London Hotel“ oder „London Sightseeing“ werden künftig sogar persönlich relevante Inhalte von Freunden zusammengestellt. Damit verlieren selbst Gogobot und oder die aus der Kooperation von TripAdvisor und Facebook entstandenen TripFriends an Bedeutung. Und plötzlich kann die Änderung auch Relevanz für Nischenanbieter haben…

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Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Benjamin

    Super recherchiert und geschrieben Eric.
    Das wird auch ein Thema beim Tourismuscamp in Eichstätt sein.

    Die Frage die sich stellt ist, ob google es schafft, entsprechend viele Nutzer mit gut gepflegten Kreisen in seine Community zu ziehen um mit der Umstellung eine entsprechend große Änderung der Ergebnisse herbeizuführen.
    Aktuell bin ich da sehr skeptisch.

  2. Eric Horster

    Danke für die Blumen – und: Stimmt. Das mit den Nutzern von Google Plus war schon immer ein Thema. Und Google integriert ja die Ergebnisse anderer Netzwerke nicht. Angeblich, weil die Ergebnisqualität dann nicht stimmt (is klar).

    Zum Tourismuscamp musste ich leider absagen. Wir sehen uns aber sicher bei der ITB…

  3. Günter Exel

    Exzellente Analyse, Eric – an den Konsequenzen werden sowohl Hoteliers wie Destinationen nicht mehr vorbei kommen.

    Zur Frage der Durchsetzung bin (und war!) ich nicht so skeptisch wie Benjamin: Mit dem jüngsten Schritt hat Google jetzt sogar meine gewagteren Vermutungen übertroffen. Da ist noch viel im Busch – über die reinen Mitgliederzahlen der Netzwerke wird man den Folgen jedenfalls nicht gerecht. Google hat jedenfalls einen verdammt langen Atem.

    Dass diese Form der personalisierten Suche weit über die eng gesteckten Grenzen gewohnter Communities hinaus Folgen zeitigt, dürfte seit gestern jedenfalls klar sein …

  4. Falko Welling

    Spannende Zeiten ..

    Sicherlich braucht G+ enormen Userzuwachs (vor allem aktiv „like-nden“ bzw. „+-enden“) um mit dieser Technik auch nur halbwegs relevante Ergebnisse zu filtern, aber letztendlich ist doch diese Ankündigung selbst ein großer Schritt nach vorne: SEO in Deutschland ist ja nunmal „google-optimization“ und so werden sich sicher genug Unternehmen finden, die auf diesen Zug aufspringen => G+ Aktionen/Marketing/usw.

  5. Karl

    Aus meiner Sicht könnte die personalisierte Suche ebenso in Googles Gesicht explodieren, weil zum einen die Nutzer doch nicht zu Google Plus gehen und zum anderen weil sie ihre Suche nicht verfälscht haben möchten. Das muss sich noch zeigen.

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