Dieser Artikel von mir wurde erstmalig am 19. September 2011 als Gastbeitrag bei SEO United veröffentlicht.
Am 10. und 11. September diskutierten wir auf dem CastleCamp über die Ausrichtung von Google und dessen Auswirkungen auf den Tourismus. Diese Diskussion wurde in einer Session über Social SEO weitergeführt. Bei der Diskussion fiel mir auf, dass wir immer noch fast ausschließlich über die Auswirkungen auf Googles Suchergebnisseiten (SERPs) sprechen. Diese eindimensionale Ausrichtung möchte ich in meinem Beitrag „das SEO Paradigma“ nennen. Ein Paradigma bezeichnet eine bestimmte Weltanschauung. Und im Bereich SEO ist diese Sichtweise immer noch sehr stark auf die Google SERPs konzentriert. Spätestens mit der Integration der Universal Search wurde jedoch deutlich, dass SEO nicht mehr auf das klassische Web-Search beschränkt werden darf. Vidoes und Bilder gewannen zusätzlich an Relevanz. Durch Google Social Search und Google+ personalisiert sich die Suche weiter. Vergessen wird bei diesen Entwicklungen, dass die Sichtbarkeit im Web mittlerweile hybrid ist. Sprich: Der Impact des Social Web auf die Google SERPs mag steigen. Dies ist jedoch nicht die Frage. Seine Relevanz bekommt das Social Web nicht durch seinen Einfluss auf die Google SERPs. Das genau ist der Irrglaube, im bisherigen SEO-Weltbild. Es ist an der Zeit, die Dinge differenzierter zu betrachten. Daher möchte ich in diesem Beitrag für einen Paradigmenwechel – also einer anderen Sichtweise auf das Social Web und seinen Einfluss auf die SEO plädieren: Viel wichtiger als die SERPs ist, dass das Social Web das Nutzerverhalten verändert. Dass Google versucht diesem veränderten Nutzerverhalten gerecht zu werden, wird durch Google Related offenkundig.
Hier werden dem Nutzer kontextspezifische Inhalte selektiv in einer Toolbar angeboten. Diese kuratierten Suchergebnisse beziehen sich somit in keiner Weise mehr auf Googles SERPs. Mehr noch. Durch diese Entwicklung löst sich auch die klassische Internetseite auf. Sie wird kontextuell angereichert durch externe Inhalte. Genau diese Auflösungserscheinungen sind zunehmend auch durch Social Plugins zu beobachten. Gestützt wird diese Entwicklung durch das Bestreben von Google, zunehmend Content auf eigenen Diensten zu akkumulieren. Zusätzlich kauft Google sich auch Content ein – siehe Zagat. Es ist abzusehen, dass die Sichtbarkeit im Web zukünftig nicht mehr durch die SERPs bestimmt werden wird, sondern durch Empfehlungen und Gespräche im Netz.
Auch Qype, Tripadvisor, Holidaycheck und andere Empfehlungsdienste sind streng genommen Suchmaschinen. Suchmaschinenoptimierung ist also schon per Definition nicht mehr auf die Google SERPs zu beschränken. Einher gehen all diese Entwicklungen mit dem Bedeutungsverlust der unternehmenseigenen Webseite. Durch Google Places, Facebook Fanpages, usw. entwickeln sich weitere virtuelle Orte, auf denen Unternehmen präsent sind. Es ist daher sehr viel treffender von einer Webpräsenz zu sprechen. Und zwar im Wortsinn: Unternehmen werden durch ihre Aktivitäten im Netz und nicht auf der eigenen Seite „präsent“, sprich sichtbar. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass SEO mehr einem pro-aktiven Reputationsmanagement entsprechen sollte. Unternehmen müssen auf Kritik eingehen und Beziehungen aufbauen. Es stellen sich in diesem Kontext völlig neue Anforderungen an die Suchmaschinenoptimierung. Denn Empfehlungen können nicht durch Agenturen produziert werden. Gespräche entwickeln sich nicht dadurch, dass Content produziert wird. Der Content entsteht erst im Dialog. Er ist Ungesteuert und kann daher auch nicht keyword-optimiert sein.
Die Konsequenzen dieser Entwicklungen sind vielschichtig: SEO muss sich am Menschen und nicht an Algorithmen orientieren. SEO muss von der Google SERP weg, hin zu der Gesamtsichtbarkeit im Netz gedacht werden. Und SEO muss von der Beziehung zum Content umgesetzt werden – und nicht umgekehrt. Soweit meine Erkenntnisse vom CastleCamp 2011. Wer sich jetzt angesprochen fühlt, kann gerne die Diskussion eröffnen.
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